Donnerstag, 6. August 2009

Was ist eigentlich – “substantielle Äquivalenz”

grundwissen objektiv Die “Substantielle Äquivalenz” ist Ausgangspunkt von vielen Debatten, und entwickelt sich langsam zum “Dreh- und Angel-Punkt” der gesamten Gentechnik Diskussion… 

 

Bei der substantiellen Äquivalenz (oder stofflichen Entsprechung) handelt es sich um eine Theorie. Die Wissenschaft drückt sich immer sehr vorsichtig aus, deswegen ist es eine Theorie. Genau wie die Theorie der Schwerkraft, Endo-Symbionten und anderen Dingen die allgemein als “wahr” behandelt werden. Die “Substantielle Äquivalenz hat allerdings ein gewisses politisches Gewicht, da diese Theorie eingesetzt wird um die Gefahren von gvO’s (genetisch veränderten Organismen) besser abschätzen zu können. Warum die Theorie der Wahrheit entspricht, wie weit sie reicht, welche Argumente gegen sie sprechen und welchen politischen Einfluss sie hat werde ich nun diskutieren.

Das Prinzip – eine eigentlich logische Schlussfolgerung

Das Prinzip der substantiellen Äquivalenz basiert auf einer einfachen Überlegung. Da in so gut wie jeder Zelle DNA enthalten ist, nehmen wir schon seit Anbeginn der Menschheit mit jeder Mahlzeit DNA auf. Wir können davon ausgehen, dass von genetisch veränderten Organismen  keine Gefahr für den Menschen ausgeht. Es macht hierbei keinen unterschied ob die DNA im Labor oder in der “freien” Natur durch Züchtung verändert wurde. “Substanziell” sind die hinzugefügten Gene mit den bereits vorhandenen Genen “äquivalent” und sicher. Wenn das “neue” Gen welches in eine Pflanze eingebaut wird, nicht gerade ein für den Menschen gefährliches Gift produziert (wie es z.B. fälschlicher Weise von bt-Mais angenommen wird) ist die “neue” DNA als ungefährlich zu betrachten.

Der Unterschied zwischen völliger und teilweise Äquivalenz

Bei der substantiellen Äquivalenz handelt es sich nicht um ein Kriterium was entweder zu 100% oder zu 0% erfüllt wird. Vielmehr muss zur sinnvollen Gefahrenabschätzung immer wieder der Grad der Äquivalenz bestimmt werden. Man unterscheidet hierbei in 3 Klassen der Äquivalenz (http://www.bfr.bund.de/cd/814). Es gibt vollständige Äquivalenz, teilweise Äquivalenz und keine Äquivalenz. Tests sind immer dann notwendig wenn im Nahrungsmittel, Proteine enthalten sind, die vorher noch nicht als unbedenklich eingestuft wurden. Falls dies der Fall ist, konzentrieren sich die Untersuchungen der Verträglichkeit auf die neuen Proteine.

Was hat das mit Politik zu Tun ?

Es geht hier um die Hauptargumentation, die den Umgang mit gvO’s im Sinne der Legalisierung regelt. In Amerika wurde beschlossen das aufgrund der substantiellen Äquivalenz, genetisch veränderte Nutzpflanzen als “gras”, “generally recognized as save” oder “generell als sicher befunden”, abgestuft werden. Diese Einstufung wurde von der “FDA” der “US Food and Drug Administration” eingeführt. In erster Linie dient die Bezeichnung “gras” dem vermeiden von unnötigen Tests und einer zu langen Verzögerung der Legalisierung von gvO’s. Dies fördert wiederum kleinere Firmen ihre gvO’s auch wirklich auf den Markt zu bringen, bevor sie aufgrund von zu langen Testphasen pleite gegangen sind.

Außenstehende, können den immensen Aufwand hinter der Produktion von GVO’s oft nicht nachvollziehen und nur sehr wenige Firmen auf der Welt können sich die Entwicklung von GVO’s aufgrund der schier endlosen Tests leisten und für viele die es sich leisten können ist es einfach nicht lukrativ ein Produkt zu Entwickeln, das erst nach geschätzten 15 Jahren für erste Feld-Versuche zugelassen wird und dann von der Politik letztendlich doch Verboten wird.

Die Bevölkerung fühlt sich hierbei zurecht Verunsichert. Monsanto wird Monopolstatus, Korruption und Profitorientierung unterstellt und die Bevölkerung fordert mehr Sicherheitsvorschriften für gvO’s allerdings wird durch zu viele Sicherheitsvorschriften der Monopolstatus von Monsanto nur verstärkt weil sich immer weniger Firmen die Entwicklung von gvO’s leisten können – Aufgrund dieser Synergie ist es Wichtig unnötige Tests zu vermeiden.

Mann kann sich doch niemals sicher genug sein oder ?

Natürlich hat hier die Sicherheit der Endbenutzer immer oberste Priorität, und nirgendwo auf der Welt kommen gvO’s völlig ohne Tests auf den Markt. Im Film “Monsanto mit Gift und Genen” wird allerdings genau das behauptet.

“…. will man einen Lebensmittel eine minimale  Menge eines neuen Farbstoffes, Konservierungsmittel e.t.c verabreichen, muss man alle diese  Verfahren durchlaufen um nachzuweisen das der Stoff das Kriterium der Gewissheit, dass kein Schaden verursacht wird erfüllt. Manipuliert man jedoch ein Lebensmittel genetisch verlangen sie überhaupt nichts.” – Michael Hansen – Monsanto - mit Gift und Genen [25:30– 26:05] - [2]

Hierbei handelt es sich um eine Übertreibung der Gentechnik-Gegner. Nur weil gvO’s als “gras” bezeichnet werden heißt es nicht das die Sicherheitsvorkehrungen nicht vorhanden sind. Gezüchteten Pflanzen die genau wie gvO’s behandelt werden müssen auch eine Reihe von Sicherheitskriterien erfüllen. Dies wird durch “Section 402(a)(1)”  geregelt und hierbei handelt es sich um einen Auflagen Katalog der  Tests fordert um die Verträglichkeit von gvO’s sicherzustellen.

Ist die Substantielle Äquivalenz nur eine wage Vermutung ?

Viele Gentechnik-Gegner führen in ihren Publikationen immer  Argumente auf die die “Substantielle Äquivalenz” ihrer Meinung nach völlig falsifizieren. ich werde hier nun eines dieser Argumente vorstellen und auf Richtigkeit prüfen.

“DNA wird vom Körper aufgenommen und in das Genom übertragen”

Hierbei handelt es sich um ein Argument dem man anfänglich wenig Entgegensetzen kann. Die Substantielle Äquivalenz wird dadurch begründet das DNA durch Orale Einnahme nicht in den Körper aufgenommen wird bzw. als Ungefährlich zu betrachten ist. Genau dieses fundamentale Prinzip wird her in Frage gestellt. Allerdings sollten man sich erstmals die Quelle dieses Arguments genauer Betrachten, Organisationen wie http://www.eco-risk.at verweisen immer wieder auf eine Publikation[1] von Schubert aus dem Jahre 1994 in der die Aufnahme von fremder-DNA durch den Darm als seltenes aber reproduzierbares Ereignis beschrieben wird (Andere Studien bewiesen später das dieses Ereignis doch öfter als erstmals gedacht Auftritt).

Grob gesagt wurde in Schuberts Versuch, DNA an Mäuse verfüttert und diese DNA wurde nach der Fütterung sowohl im Kot als auch im Blut der untersuchten Mäuse gefunden.

Auf den ersten Blick sind das ziemlich zerschmetternde Befunde, allerdings sollte man die Versuchsergebnisse etwas genauer Betrachten, ich kopiere hier nun eine ziemlich eindeutige Grafik aus dem Paper. Die Grafik zeigt den DNA Gehalt von Blutproben welche durch das Dot-Blott Verfahren ermittelt wurden

image

 

 

 

[1]


Es reicht aus wenn wir uns auf Reihe A und Reihe B dieser Grafik beschränken. Reihe A zeigt den Zusammenhang zwischen Verabreichter DNA und gefundener DNA Menge im Blut (1:20ng 2:10ng 3:5ng 4:2ng 5:1ng). Reihe B zeigt den Zusammenhang zwischen verstrichener Zeit und gefundener DNA Menge im Blut (1:negativ Kontrolle 2:2h 3:4h 4:24h). Die wirklich wichtige Schlussfolgerung dieses Experiments ist zwar das DNA resistenter ist als wir dachten, vom Verzehr allerdings keine Gefahr ausgeht, da die DNA 8h nach verzehr nicht mehr nachgewiesen werden kann. Interessant ist auch das nur 0,1 –0,01 % der Verabreichten DNA wirklich im Blut gefunden werden konnten.

DNA ist nach 6 Stunden im Blut nicht mehr nachweisbar

DNA wird zwar entgegen der Vermutung der Substantiellen Äquivalenz vom Darmtrakt aufgenommen, allerdings wird sie nicht in das Genom integriert. Und von ihr geht keine Gefahr aus. Es ist davon auszugehen das der Menschliche Körper im verlauf der Evolution Abwehrmechanismen gegen Fremde DNA entwickelt hat. Aufgrund der Substantiellen Äquivalenz gehen wir davon aus das die orale Aufnahme von DNA als ungefährlich betrachten werden kann. Auch wenn DNA von Viren im But nachgewiesen  werden kann, handelt es sich dabei nicht um einen permanenten Zustand. Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem qualitativen nachweis von fremd-DNA im Blut und einer tatsächlichen mutagenen Wirkung. Entgegen der anfänglichen Annahme wird DNA zwar nicht nach oraler Aufnahme vollständig zerstört, allerdings geht von ihr auch keine Gefahr aus, da es sich bei der Absorbierten DNA um weniger als 0,1% der ursprünglich Verzehrten DNA handelt kann die Übernahme von funktionellen Genen als sehr unwahrscheinlich betrachtet werden. Sogar wenn nachweisbar ist, dass teile der Fremden DNA irgendwo im Genom wieder integriert werden geht davon nicht automatisch eine Gefahr aus. Meine ganz persönliche und nicht nachgewiesene Hypothese für die Aufnahme von DNA in Körperzellen, ist die Nutzung von Fremd DNA als Nukleotid-Spender. Die Tatsache, dass wir schon seitanbeginn der Menschheit DNA essen, spricht dafür dass unser Körper Mechanismen entwickelt hat um sich vor einer mutagenen Wirkung zu Schützen.

Eine kurze Zusammenfassung

Substantielle Äquivalenz bedeutet, das es keinen unterschied zwischen synthetischen und natürlich vorkommenden Genen gibt. Der einzige Unterschied liegt in der tatsächlichen Abfolge der Basen welche in dieser Kombination wohlmöglich noch nicht in der Natur vorgekommen sind. Bei der Risikoabschätzung von genetisch veränderter Nahrung liegt der Forschungsschwerpunkt in der Verträglichkeit der durch die neuen Gene synthetisierten Proteine. Aufgrund der stofflichen Entsprechung der “neuen”, “synthetischen” DNA geht von ihr selbst keine Gefahr aus. Experimente aus dem Jahre 1994 zeigten, dass die DNA die in unserer Nahrung enthalten ist, doch ihren Weg in den Körper findet und vom Darmtrakt aufgenommen wird. Allerdings ist sie nur 6h nach Verzehr nachweisbar. In Schuberts Test wurde erstmals nachgewiesen das sich DNA über den Darmtrakt in das Blut gelangt. Wohin die DNA danach verschwunden ist wurde in diesen Experiment nicht gerklärt. Aufgrund der substantiellen Äquivalenz kann man davon ausgehen das jede DNA von dem Darmtrakt an das Blut weitergegeben werden kann. Da es sich bei der Absorbierten DNA um weniger als 0,1% der ursprünglich Verzehrten DNA handelt, kann die Übertragung von funktionierenden Genen über Das Essen in das Genom ausgeschlossen werden.

Eine fast endlose Debatte

Der Begriff der substantiellen Äquivalenz ist nun erklärt und in Zukunft werden weiter kritische Auseinandersetzungen mit der Thematik folgen. Denn die Debatte um die Gültigkeit der gvO’s ist auch die Debatte um die Gültigkeit der substantiellen Äquivalenz.

Diskussion des Artikels ist auf jeden Fall erwünscht.

[1]Ingested foreign (phage M13) DNA survives transiently in the gastrointestinal tract and enters the bloodstream of mice.

[2]Monsanto – mit Gift und Genen

 

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Du möchtest wissen was ich für Bedenken gegenüber genmanipulierten Nahrungsmitteln habe!?

Meine Bedenken sind nicht unbedingt den gvO's gewidmet, dazu sollte ich zugeben dass mir das fundierte Wissen fehlt. Doch, sollte ich auch zugeben, dass mein Vertrauen eher denjenigen gehört die der Gentechnik kritisch gegenüber stehen. Meine Bedenken sind den Firmen gewidmet, die gezielt versuchen ihre Gewinne zu optimieren und das auch auf Kosten der Verbrauchen. Ja sowas gibts, und wer das bezweifelt stellt sich blind. Genau diesen Firmen unterstelle ich, die Gentechnik gezielt zu nutzen um ihre Gewinne zu optimeren und nicht den Hunger zu mindern.

Ich bin dagegen den Anbau gentechnisch manipulierter Pflanzen zu erlauben, welche resistent gegen Pestizide sind. Das ist der falsche Weg. Durch Knebelverträge angesprochener Firmen, werden Produzenten u. Verbraucher abhängig gemacht und ein langfristiger Gewinn der Firmen garantiert...doch wer sich mit dem Thema ausgiebig beschäftigt hat, dem sollte das alles bewusst sein.
Fazit: in der Gentechnik steckt bestimmt ein gewatltiges Potenzial...doch wie dieses genutzt wird sollte sensibel behandelt werden.

mfG, Pete

genwissen hat gesagt…

Danke für dein Kommentar, die Diskussion deiner Argumente würde den Ramen dieser Kommentar-Funktion sprengen. In zukünftigen Blog-Einträgen werde ich allerdings darauf eingehen.

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